März 2016 – vor sich hin wurschteln

Kürzlich treffe ich mich abends mit einem Freund auf einen Drink.

Wir unterhalten uns wie immer über alles was so los ist in unseren Leben. Am Ende, als wir noch gemeinsam zur Tram gehen, sagt er:

So wurschteln wir vor uns hin.

Genau, sage ich, und lache.

Sein Satz klingt nach. Ein bisschen melancholisch ist der, eine leise Frage vielleicht auch. Ist das richtig? Was wir hier machen? Mit uns und unseren Leben in dieser Welt? Auch ein Bedauern schwingt mit, dass es nicht besser geworden ist, mit uns und unseren Karrieren, dass sich das lowe Level hält, it came to stay, es wird nicht mehr weggehen, wir haben es nicht geschafft, wir werden weiter vor uns hin, wir werden uns weiter durchwurschteln.

So ist das. Es passiert nichts besonderes. Es geht nicht voran, es geht nicht zurück. Nur immer weiter. Es gibt keinen Paukenschlag. Nichts, was das Ruder rumreißt. Nichts, was dein Leben radikal verändert. Man muss froh sein darüber, denn das könnten Unfälle, Krankheiten, Terroranschläge sein. Jeden Tag fällen wir Entscheidungen. Die sind klein. Nicht groß. Nudeln oder Reis. Laufen oder fahren. Die Agentur kündigen oder nicht. Weitermachen mit dem Herzensprojekt oder klein beigeben. Diesen Rechner kaufen oder jenen. Die Socken waschen oder noch nicht.

Mein Leben ist so. Es ist ereignisarm. In meinem Leben werden nicht mal Kinder geboren oder Auslandsaufenthalte geplant. Mein Leben ist klein. Es ist mittelmäßig und bequem. Ich hangel mich von Tag zu Tag, von Hoffnung zu Enttäuschung, von Geld zu No-Geld, von Idee zu Lass mal besser. Ich wurschtel so vor mich hin.

Tue ich das womöglich, weil es mir gefällt? Hab ich mir das Wurschteln ausgesucht? Könnte ich das ändern, könnte ich raus aus dem Wurschteln? Ist das Wurschteln von außen bestimmt, hat man mich da hingedrückt, runtergedrückt ins Wurschteln? Hab ich die falschen Entscheidungen getroffen, zu viel Angst gehabt? Und was ist überhaupt das Nicht-Wurschteln, das Gegenteil vom Wurschteln?

Was?