Oktober 2016 – Pornografie 1

Pornografie

not a fan.

Ich meine,

Pornografie ist ja sehr praktisch. Man sieht mal, was andere Leute so machen, und wie sie so aussehen. Man sieht, was man noch so machen könnte, und auch, was die Anforderungen an eine zeitgemäße Sexualität so sind. Dass das zwangsläufig zu einem Gefühl von Differenz führt, ist notwendig logisch. Ist man wie die anderen? Eher nicht. Oder auch: Man ist ja genau wie die anderen, ohje, boring. Oder auch: Ach, das wollen die anderen (Frauen), Schrägstrich „die Männer“? Wieso will ich das nicht? Müsste ich das nicht wollen?

Egal wie, unterm Strich ist Pornografie verstörend.

Oktober 2016 – Warum ich Kinder nicht leiden kann 1

Weil sie immer nur an eines denken: Essen.

Tagein, tagaus geht’s nur darum: Essen, Mampfen, Mümmeln, Aufweichen, Kleinlutschen, Reinstopfen. Es geht ums Kriegen, ums Abkriegen, ums mehr Kriegen, ums mehr Kriegen als der andere, ums noch mehr Kriegen als der andere, ums mehr Kriegen als alle, ums alles kriegen! Süßes. Das Größte. Das Beste. Diese gierigen kleinen Scheißer, diese Ego-Fresser. Auffressen würden sie dich, wenn sie nur könnten, in alles würden sie reinbeißen, alles würden sie zerkleinern, mit ihren zahnlosen bis kleinzahnigen Mündern, ihren Mini-Zungen, die in ihren Rachen, ihren Schlünden sitzen wie die von Reptilien.

Die härtesten, eiskalten Deals schließen sie ab mit dir, wenns ums Essen geht. Still sein, sitzen bleiben, aufhören zu nerven – alles geht, wenn sie bloß was in die Finger kriegen, was sie sich reinschieben können. Korrupte und korrumpierbare kleine Schweinchen sind sie, wenn man ihnen was Essbares vor die Nase hält, denn erst kommt das Fressen und dann die Moral, das weiß jedes Kind. Von wegen guck mal wie süß, widerlich ist das, dieses Pampe-Essen in den kleinen Händchen, am besten noch Banane, die ekelhafteste Frucht von allen, mit ihrem verrottenden, süßlich braun-gelben Geruch, der an die Tropen erinnert, an Max Frisch und sein: Wo man hinspuckt keimt es, abstoßend dieses Zermatschen-quetschen-malmen im Mund, dieses Rumspielen damit, abschmieren, wegschmieren, ausspucken, einsaugen, zu doof, den breiigen Scheiß drin zu behalten, zu faul, zu bequem, zu vollgefressen.

Und dann die Mütter dazu, Füttermaschinen, immer den Mund der Kleinen im Auge, um den sie ständig kreisen, in den sie ständig was stopfen, auf den sie ihr Denken ausrichten, ihren Körper, ihr Sein, ihr eigenes Essen, wie Tiere, Vogelmütter, im Innersten getrieben, vom Signal des gelben Schnabels, und seiner Forderung, da was reinzustecken, in dieses gnadenlose existenzgierige Loch, willenlos und mit hohem Anspruch ihrem Fütterinstinkt ausgeliefert, und der satten Befriedigung, dabei zuzusehen, wie ihr Kind ihr Futter entgegen nimmt, es in der Hand dreht, es anschaut, wie es eines Tages einen Penis oder eine Vagina anschauen wird, ein Glücksversprechen, das es sich zuzuführen gilt. Meine Verachtung, liebe Mütter, für die Rigorosität eures Fütterwillens, Hindernisse? – aus dem Weg, Leichen? – drüber gehen, mein Kind muss gefüttert werden, jetzt.

 

Ja, ja, keine Sorge, ich bin in Therapie.

 

Oktober 2016 – Gottlose

Ja, ja, die Religion, die muss man respektieren. Na klar, jeder kann glauben, was er will. Absolut. Bin ich dafür.

Aber halten wir doch mal eins fest:

Kein Atheist rennt im Namen seiner Überzeugung durch die Gegend und sprengt Leute in die Luft. So viel kann man schon mal sagen. Kein Atheist verweigert seinen Kindern Schulbildung, Gleichstellungsgedanken, Bluttransfusionen, Masturbation oder Sex vor, nach oder während der Ehe.

Natürlich, es gibt religiöse Menschen, die lang und ausführlich erläutern können, warum das alles keinesfalls Teil ihrer Religion ist, und die das mit Stellen aus den einschlägigen Dickbüchern hieb- und stichfest belegen können, und die im Gegenteil Liebe, Umweltbewusstsein, Toleranz, Homo-Affinität und Protestkultur als die wesentlichen Aspekte ihrer Religion ansehen. Aber klar ist doch: Religion ist keine Garantie für gar nix.  Ob du „a good person“ bist, or an „evil monster“, wie die Amis es gerne auf zwei populäre Nenner bringen, die sie dann, religiös wie sie sind, mit Inhalten füllen, wie es ihnen passt – im Namen von Religion ist beides gut zu machen.

Also rechnen wir doch mal auf, Auge um Auge, Wurst um Wurst, hier explodieren schließlich Bomben: Wer hat die besseren Referenzen, historisch betrachtet? Die Gottlosen mit ihrer Aufklärung, ihrer Psychologie, ihrer Wissenschaft, ihrer Philosophie oder die Gottesfürchtigen mit ihren Religionskriegen, ihren Scheiterhaufen, ihren Exorzismen und strukturellen Missbrauchsskandalen?

Welches ist das überzeugendere Konzept? Was wählst du, wo machst du dein Kreuz? (ha)

 

Oktober 2016 – Meckerfixierung 1

Ich meine, Entschuldigung, aber:

Wieso sind Umkleidekabinen eigentlich immer so dreckig?

Ich lauf da in irgend so einen Großkonzern rein, in ein milliardenschweres Klamottenimperium wie Zara oder Cos oder H&M, in dem ich Geld lass, für Gewinnmargen und Transfervolumen, von denen ich keine Ahnung hab, weil mir davon eh nur schwindlig und schlecht wird, und dann geh ich da in die Umkleidekabine, und dann liegen da Wollmäuse rum in einer Größe, die auf eine mindestens 10tägige Intensiv-Züchtung hinweisen, und muss beim Abstreifen meiner Jeans und der dabei einzunehmenden, nur durch lästiges, demütigendes Ausgleichshüpfen zu haltenden Balance aufpassen, dass die Hosenbeine nicht kontaminieren, und sich meine Socken nicht in Wollmaus-Magnete verwandeln und ich mit Staublappen-Füßen zurück in meine Schuhe steigen muss. Wieso zur Hölle kann nicht einer von diesen Jungs und Mädels da vorne am Nummern-Tresen mal EBEN KURZ, morgens bevor’s losgeht, einen Swiffer in die Hand nehmen und verdammt nochmal dafür sorgen, dass die SCHEIß UMKLEIDEKABINEN sauber sind? Come on!

Oktober 2016 – Dr. Strange

Kürzlich in Dr Strange. Ein grauenvoll langweiliges zweistündiges Eso-Gelaber in 2 bis 3 D, mit hübschen, zusammenklappbaren Großstädten und vielen Martial-Arts-Motiven.

Als es bei der weisen alten Meisterin Tilda Swinton nach sicher prüfungsreichen 250 Jahren Leben oder so (sie sieht jünger aus) ans Sterben geht, sagt sie ungefähr folgendes:

Nun hab ich so lange gelebt und dachte, ich könnte es einfach lassen, aber am Ende will man einfach nur den Schnee sehen.

Da fange ich an zu weinen.

Bei mir wär‘s nicht der Schnee, aber das Prinzip stimmt natürlich.

 

 

Oktober 2016 – konkurrenzfähig

Heute eine Frage von 1und1:

Ist Ihre Website noch konkurrenzfähig?

Ich verstehe die Besorgnis.

Ja, ich teile die Besorgnis!, denn die Frage lässt sich ja ausdehnen auf andere Bereiche meines Lebens.

Ist Ihre Wohnung, Ihre Sexualität, Ihre Bauchmuskulatur, Ihre Persönlichkeit noch konkurrenzfähig?

Sollte, wenn Sie das alles ehrlich mit Nein beantworten können – und Sie sollten diese Frage ehrlich beantworten, das ist der erste Schritt zu einer positiven Veränderung in Richtung Konkurrenzfähigkeit – nicht wenigstens Ihre Website konkurrenzfähig sein?!

Ich lösche die Mail.

Oktober 2016 – Familienaufstellung

Neulich im Zug. auf der Rückfahrt von Hamburg. Mir schräg gegenüber eine Familie:

Eine junge Frau, hübsch, verständig, bisschen sozialpädagogisch, zwei blonde Kinder, ein Junge ca.5, ein Mädchen ca. 3, und ein großer, schlanker junger Mann, ihr aktueller boyfriend, sehr bemüht und empathisch, nicht der Vater der Kinder.

Bereits nach 2 Minuten ist klar: Das wird nervig. Die gesamte Beziehungsdynamik schwappt über den Gang, die Familienaufstellung offenbart sich in peinlich unterdrückter Manier. Ich bekomme Beklemmungen, fühle mich belästigt, als hätte jemand die Grenze in meinen Schutzraum überschritten und frage mich am Ende, warum ich verdammt nochmal nicht einfach aufgestanden und ins ICE Restaurant gegangen bin. Oder zumindest, wie andere schlaue Leute, die Kopfhörer nicht zuhause vergessen habe. Seltsam, wie sich Intimität herstellt in so einer Szenerie. Ich erlebe, erfahre etwas, das ich nicht wissen will, als schaute ich jemandem ins Wohnzimmer, ins Innere seines selbst. Ich hab das Gefühl, ich sehe alles. Ich sehe sie alle, und wurde nicht gefragt.

Die Schlimmste ist, wie meistens übrigens: Die  Mutter. Sie mag das Mädchen nicht, ein aufgewecktes Ding. Den Jungen mag sie, aber auch an ihm lässt sie kein gutes Haar. Die Kinder sollen still sitzen und aus dem Fenster schauen. Wie Erwachsene. Sie appelliert an ihre Vernunft. Das geht so lange gut, bis die Brezel aufgegessen und die Apfelschorle getrunken ist. Also bis etwa fünf Minuten nach Einstieg. Die Kinder sind keine Sekunde in der Lage, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Es gibt aber auch keine Bücher, Hörspiele, Daddelspiele, Malblöcke. Und wenn sie sich was ausdenken – das Mädchen spielt irgendwann Verkaufen, steht dazu auf und benutzt die Armlehne als Tresen, den boyfriend als Käufer, eigentlich ganz süß – dann würgt sie sie ab.

Ständig schnalzen ihre Drohungen über den Gang, und ihre noch unangenehmeren Enttäuschungsäußerungen: Mit euch kann man nicht mal zwei Stunden Zug fahren. Der Mann versucht aufrichtig, die Frau nach allen Regeln der Kunst zu unterstützen, die Kinder abzulenken, zu bespaßen. Das hält nie lange, sind sie wahrscheinlich auch nicht gewohnt. Sie droht: wenn sie nicht still sitzen, nicht aufhören, sich zu streiten (ein großes Hobby von ihnen), dann gibt es eine Strafe. Jetzt. Gleich! Beim nächsten Mal!! Die Strafe wird exekutiert: Stehen im Gang. (Ich bin etwas enttäuscht). Das hält die Mutter etwa 2 Sekunden durch, dann steht sie auf, flüstert irgendwas, die Kinder jubeln – und gehen an Mamas Hand wie eine glücklich schlendernde Familie in den Speisewagen. Weitere 2 Sekunden später ist sie zurück mit den beiden, die lieben Kleinen tragen je einen DB-Merchandising Artikel in den Händen. Ich bin verblüfft. Da soll noch einer mitkommen, selbst mir war der Sinneswandel und das Gemütsschwankungstempo zu rasant. Das blöde Hohl-Geschenk hält ebenfalls nur für 2 Sekunden.

Die Frau redet immer mal mit ihrem Freund über andere, Freundin, Bekannte, Kollege. Ihr Grundton: Ich mache so viel, ich bin so anständig, ich kümmere mich um zwei Kinder, ich gehe arbeiten und DIE oder und DER: sitzt sich faul den Arsch platt. So siehts aus. Man kann so gut sein, wie man will, man wird am Ende immer von hinten gefickt. Sogar von den eigenen Kindern.

Das war keine schöne Fahrt mit euch, sagt sie am Ende, das war schrecklich und peinlich, nie wieder möchte ich mit euch Zug fahren.

Da kann ich ihr leider nur zustimmen.

Familie – bringing out the worst in you.