Juni 2019 – kein Blut, rot

Nur ein Satz. Reicht aus. Von jemand. Über dich. Um mich in der Badewanne zu sehen. Einer Badewanne voller Blut. So konkret war das noch nie.

Von wegen Rollvenen.

Das war schon immer ein Mythos.

Ich weiß wie das geht.

Man lässt das Wasser an,

gegen die Sauerei.

Man ist in Aufruhr, in Panik

Aber das

ist nur dein Körper

Der sich wehrt

Das ist seine Natur.

Das muss man überwinden

Da muss man durch

Dann wird es ruhiger

Und man wird müde.

So müde wie man

Die ganze Zeit schon war

Und hätte sein sollen

Nützen diese Medikamente denn gar nichts?

Juni 2019 – Schöne Grüße aus der Parallelwelt

In meinem Kopf sehe ich ein Foto. Ich bin darauf zu sehen. In einer roten Bluse. (Sehr ungewöhnliche Farbe für mich. Aber ich will schon die ganze Zeit so eine.) Neben mir ein Typ. Ich stehe, er sitzt, glaube ich, ich bin mir nicht sicher, alles ein bisschen verschwommen, Wir sind nah beieinander, mein Arm liegt locker auf seiner Schulter. (Aha, er sitzt also). Ich wirke kleiner und zierlicher neben ihm, denn er ist eher dick. Weil er sitzt, bin ich etwas größer als er. Wir wirken wie ein ungleiches Paar, so eins bei dem man sich wundert, dass es eins ist. Ich gucke fröhlich in die Welt, und ein bisschen wütend, aber eher im Sinne von frech, provokant, nicht im Sinne von streng und bitterböse wie sonst. Er schaut sehr geduldig, aber wach. Er hat dunkle Haare und trägt eher dunkle Kleidung, so viel kann ich sehen. (Überhaupt hat er Haare, trägt keinen Hut und reißt nicht jedes Gespräch an sich, um es auf das Thema zu lenken, das ihn gerade interessiert, und wenn er alltägliche oder grundlegende Lebensentscheidungen trifft, dann sieht er keinen Mehrwert darin, so zu tun, als wäre ich nicht Teil seines Lebens, weil er mich ja drin haben will, in seinem Leben, und wenn die Welt böse zu mir ist, und das ist sie oft, dann sagt er, diese Arschlöcher, und nicht, das ist, weil du es falsch machst, und wenn es ihm schlecht geht, dann darf ich nett zu ihm sein, und wenn ich sage, es ist Winter in mir, und es geht mir nicht gut, dann sagt er, Ja, und legt sich neben mich oder er sagt, komm, baby, wir fahren drei Tage weg aus der Scheiße, ich lad dich ein).

Das Komische ist, dass ich auf dem Foto jung aussehe und der Typ auch (ich so etwa Ende dreißig, er so Mitte vierzig). Ich schätze also, dass das ein Foto aus meiner Parallelwelt ist, denn aus der Zukunft kann es nicht sein.

Juni 2019 – leichtes Gewicht

Ich fahre mit dem Fahrrad durch eine Überdachung am Alexanderplatz. Es ist ein lauer Sommerabend, warmer Wind weht meine Haare nach hinten. Ein leichtes Gewicht legt sich plötzlich in meinen Nacken, ich bin irritiert, fasse mit der Hand dort hin, aber da ist nichts, plötzlich fliegt eine Schwalbe im Querflug links von mir weg, irgendwie torkelnd, sie braucht einen Moment, bis sie sich gefangen hat. Saß sie in meinem Nacken? Warum? Das leichte Gewicht bleibt in meinem Körper als Erinnerung hängen.

Wochen später, ich denke immer wieder mal daran, sehe ich eine Fledermaus. Wie nach Gleichgewicht suchend schwankt sie in schnellem Flug und starkem Winkel, kaum wahrnehmbar, ein schwarzer kleiner, gegen die Dämmerung unwirklicher Schatten. Da wird mir klar, dass es eine Fledermaus war, die mir im Nacken saß. Vielleicht haben meine Haare sie irritiert oder der Wind oder meine Geschwindigkeit. Ein bisschen gruselig ist das, aber auch wunderschön. Ich mag es, dass so ein kleines Tier mich berührt hat. Als hätte es eine Verbindung aufgenommen.