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April 2016 – Alt 2

Heute werde ich ein Jahr noch älter.

Folgende Zeitschriftentitel sprechen mich in der Bahnhofsbuchhandlung an (ich bin gerade dabei, einen Zug nach Nirgendwo zu nehmen):

  1. BRIGITTE Wir. Zeitschrift für die dritte Lebenshälfte. „Der Blick auf uns sollte nicht mit einer Zahl verbunden sein“
  2. ALLEGRA: „Lebe ich mein Leben?“
  3. Tagesspiegel GESUND. „Fit und gelassen älter werden in Berlin.“

Ich scheine nicht die einzige zu sein, die das Altern beschäftigt. Soziologisch/Demographisch sind wir immerhin schon so weit, dass der Zeitschriftenmarkt sich aktiv auf mich einstellt.

 

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April 2016 – Panama Papers

Ich kanns nicht erklären, aber die Panama Papers sind für mich richtig schlimm. Ich gebe auf. Ich lasse alle Hoffnung fahren. Ich sehe keinen Sinn mehr, in gar nichts.

Journalismus macht wieder Sinn, okay. Wenn auch nur aufgrund von tapferen jungen Männern, die bereit sind, ihren Kopf, ihre Karriere, ihre Biographie hinzuhalten für ein Leak. Nicht der Journalismus ist bei Moussac reingelaufen. Aber er hat den Leak artig und in internationaler Zusammenarbeit ausgewertet. Okay.

Die Panama Papers sind schlimm, weil sie jeder Moral, jeder Überzeugung davon, dass es irgendwo in den Demokratien dieser Welt irgendein Rest-Funktionieren gibt, den Boden entzieht. Die Skrupellosigkeit ist so total, so global, und gleichzeitig so ausdrücklich ignoriert und damit gewollt, dass nichts mehr übrig bleibt. Niemand ist nichts mehr zu glauben, es gibt kein Vertrauen mehr, in gar nix. Nicht mal die Aufdeckung scheint das hervorzubringen, was sie hervorbringen könnte.

Man kann sagen, es sei naiv, von etwas anderem ausgegangen zu sein, das war doch klar und schon immer so, aber das stimmt  nicht. Bei den Panama Papers geht es nicht um die Aufdeckung von irgendwelchem korruptem Herrschaftsscheiß. Bei den Panama Papers geht es um die Aufdeckung der völligen Sinnlosigkeit.

Was macht man da raus?  Den Rückzug ins Private? Was soll das sein? Draußen scheint die Sonne, lass uns spazieren gehen und ein paar Leute treffen?

April 2016 – Zizek

In Zeiten zunehmender Ratlosigkeit in Positionierungfragen (links ist rechts und andersrum, also pass auf wie ein Luchs, was du denkst und sagst), greift der Mensch auf der Suche nach Orientierung zu Zizek-Büchern.

Hier zwei Zitate zum Hochhalten:

„Wir tendieren dazu, elementare westliche kulturelle Werte ausgerechnet in einer Zeit zu verwerfen, in der viele davon (bspw. Egalitarismus, Grundrechte, Sozialstaat) in einer neuen, kritischen Interpretation durchaus als Waffe gegen die kapitalistische Globalisierung dienen könnten.“

„Jedoch kann den Sorgen der einfachen Leute, die um die Bedrohung der eigenen Lebensweise kreisen, auch von einem linksliberalen Standpunkt aus begegnet werden – Bernie Sanders ist ein lebender Beweis dafür! Die wahre Bedrohung für unsere westliche Lebensweise sind nicht die Immigranten, sondern ist die Dynamik des globalen Kapitalismus.“

Hier noch was Gruselig-Interessantes:

„In einer  düsteren Prophezeiung kurz vor seinem Tod sagte Staatschef Muammar al-Gaddafi: Hört zu, Völker der NATO! Ihr bombardiert eine Mauer, die den Weg der afrikanischen Migration nach Europa und den Weg der Terroristen von al-Quaida versperrt hat. Diese Mauer war Libyen. Ihr Idioten reiß sie nieder, und ihr werdet in der Hölle schmoren.“

alles aus: Der neue Klassenkampf. Die wahren Gründe für Flucht und Terror

 

April 2016 – Böhmermann

Der Pakt mit dem Teufel. Das ist klar.

Spielraum wäre gewesen für Merkel, die den Paragrafen ja eh abschaffen will,

und doch: Sie hat die Sache der Justiz übergeben (und dabei den schönen Satz gesagt: Vor der Justiz muss sich niemand fürchten, was ein bisschen witzig ist), also klassisch aufklärerisch agiert, und sich später folgerichtig für die Äußerung ihrer subjektiven Ansicht, das Gedicht sei verletzend, entschuldigt.

Und: Come on, Böhmermann. Sagen: Ich mach jetzt mal was Verbotenes, dann was Verbotenes machen, und dann soll es nicht verboten sein? Irgendwie bescheuert. Als mediale Guerilla-Aktion einfach schlecht und hinterher gelaufen (NDR). Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner, haha. Da musste auch beim Vortragen viel gelacht werden um zu überspielen, dass das keine Glanzleistung war. Nicht alles geht, nicht alles funktioniert, nicht alles ist gut, was provoziert. Keine gute Arbeit.

Fellatio mit Schafen? Ein junger Türke, schnappe ich irgendwo auf, erzählt, dass sein Vater sich aufgeregt hat: Es müssten wenn schon, dann ja wohl Esel sein!, wie kulturell ungebildet dieser Böhmermann eigentlich sei?

 

 

April 2016 – Bohren

Ich hasse bohren.

Das ist leider sehr weiblich, die meisten Männer, die ich kenne, bohren gern. Bis auf die 90er sozialisierten, die, gender studies und cultural studies und Strukturalismus und queer theory gut finden, die bohren alle nicht gern. Die lesbischen Frauen wiederum bohren alle gern. Quer durch die Bank. 

Wie immer, wenn etwas leider sehr weiblich ist, hasse ich nicht nur die Sache, sondern leidenschaftlich mich. (und meine Mutter, und meinen Vater). Das muss auch mal aufhören (ersteres, letzteres von mir aus nicht).

Hier, im Plattenbau, ist Bohren eine Extra-Challenge. Hier kann man im Grunde nicht bohren. Die Wände sind aus Beton mit Stahleinlage. icht mal einen Nagel kriegste hier in die Wand! Hier ist kleben statt bohren angesagt, aber nicht jedes Regalbrett hält, wenn man es anklebt. Nur die ganz kleinen, winzigen Brettchen, die halten. Wenn man nichts auf sei draufstellt. Jedenfalls: herkömmliche Bohrmaschinen versagen hier, Bohrmaschinen, die nicht über nagelneue Bohrstäbe und über eine 1A-Schlagbohr-Qualität verfügen, kannste gleich wieder einpacken.

Am Ende (literally) bestelle ich einen Handwerker. Bzw. versuch’s. Ist nämlich gar nicht so einfach. Einen halben Tag irgendwo in die Wand bohren ist für einen Handwerker nicht besonders attraktiv, wenn er auch ne Woche Edelküche aufbauen haben kann. Der erste, den ich kontakte ist dementsprechend ein Arsch und führt mich zwei Wochen lang an der Nase rum, bis er den Auftrag mit der Edelküche hat.

Der zweite ist ein Schatz, sagt, das ist alles kein Problem, holt seine Bohrmaschine raus mit dem zufriedenen Gesichtsausdruck eines Mannes, der seinem Werkzeug vertraut, und bohrt Bohrloch für Bohrloch in Decken und Wände, die dabei plötzlich Geräusche von sich geben als wären sie williger Matsch.