Juni 2016 – Spatz gerettet!

Ich will mich ja nicht selber loben, aber heute hab ich einen Spatz gerettet.

Ich sitze im Cafe, einem dieser Kettencafes, vornehmlich von Touris besucht (ich hatte das bereits weiter unten erwähnt, dass es mich dort manchmal hinzieht), und arbeite. (tippe ins Laptop, und sie nannten es Arbeit). Dieses Kettencafe hat zwei, bei der Hitze offen stehende Glastüren (praktisch die gesamte Außenwand besteht aus bodentiefen Fenstern), die sich diametral gegenüber liegen und viele Croissants. Aus dieser Gleichung ergibt sich: Spatzenhorden halten sich hier auf. Heute nicht. Dass das komisch ist, fällt mir erst in dem Moment auf, in dem einer reinsaust, ein Einzelheinz, und sich im Karacho den Kopf an der Fensterscheibe anschlägt. Er sinkt zu Boden und ich denke schon, er ist hin. Nein. Er schreit lautlos (schnabel offen, kleine Zunge raus) und guckt belämmert. Kapier ich nicht, denkt er. Hier geht’s doch raus. Er versucht es nochmal und nochmal das Fenster hoch, panisch flatternd, dann nochmal, nach kurzer Bedenkzeit, mit Anlauf – Boing!, erneutes Schädel-Trauma.

Scheiße, ich kann mich doch jetzt nicht um den kümmern, die sind hier eh nicht gern gesehen, was soll ich mich da jetzt in die Spatzenwelt einmischen, die hier normalerweise prima zurecht kommt, gleich kommt der nächste, helf ich dem dann auch, ich will arbeiten, lass mich in Ruhe, du kleiner Blödmann.

Kein Kumpel da, um ihn zu unterstützen, ihm zu erklären, wo’s hier rausgeht. Jetzt sitzt ein anderer seiner Sorte draußen, auf der anderen Seite des Fensters. Betrachtet die Misere. Der von innen ist noch verwirrter. Ja, das ist schwer zu verstehen, kleiner Spatz. Er sitzt im Knast, im Glasknast. Draußen ist drinnen und andersrum. Da kann man schon mal schreien und dreimal Dünnschiss auf den Boden machen. So, jetzt reichts. Genug Brain-Place für ihn aufgewendet. Ich nehme erst mein Buch – iiih, nee, wenn er da drauf kackt, der Berliner-BazillenSpatz – ich nehme eine Zeitung des Hauses, knicke sie, lasse ihn draufhüpfen, macht er auch, nach drei nachdrücklichen Aufforderungen, ich trage ihn in Richtung offener Tür – Freiheit, raus ist er im straight Flug. Mannmannmann. Wieso bedenkt niemand die Auswirkungen bodentiefer Fenster auf die Spatzenwelt.

Kurze Zeit später sehe ich einen anderen zur einen Tür rein, geradeaus mit Karacho durchs Cafe zur anderen Tür wieder raus fliegen, wie ein Profi. Also entweder meiner war sehr jung oder extra doof.