Heute liegst du im Sarg. In einem Raum, den man extra dafür anmieten kann. Es kommen Menschen und die Situation ist absurd. Denn du liegst da drin, in diesem Sarg. Da vorne drin, in dieser Kiste. Deckel drauf. Wir wissen was drin ist, und wir wissen es auch nicht. Andere haben gesehen, wie du jetzt aussiehst. Andere haben sich beschäftigt mit dir und deinem Körper, der gezeichnet ist von deiner Tat. Du siehst nicht mehr aus wie du. Aber trotzdem bist du es, der da drin liegt, hier so vor uns, in dieser für dich doch viel zu schmalen Kiste. Es muss eng sein da drin. Wir stellen uns vor deinen Sarg, der jetzt irgendwie dir gehört, der du bist, und sagen etwas zu dir, innerlich, äußerlich, wir legen Sachen auf dich drauf, geben dir etwas mit, und wir weinen. Wir sehen die anderen weinen, und weinen, weil sie weinen. Weil wir nicht verstehen, warum du unbedingt von uns weg wolltest. Warum es nicht gereicht hat, nicht genug war. Es kommt Musik und es wird viel geschwiegen und nicht immer weiß man genau, was jetzt zu tun ist und man schaut die Menschen an, die man nicht kennt, und deine Familie sind, und ist beklommen, aber vielleicht wissen sie auch nicht so ganz genau, was man tun muss. Ich hab dir keine Blumen mitgebracht. Ich glaube eigentlich nicht, dass du Blumen mochtest. Oder zumindest waren sie dir egal.
Ich hab deinen Sarg berührt, irgendwo dort, wo ich deinen Kopf vermutet habe. Ich wollte eine Verbindung aufnehmen, zu dir. Ein bisschen Wärme schicken oder spüren, Energie, durch die Wand durch, hinter der du bist. Lebewohl sagen, so absurd das ist, mich entschuldigen, so sinnlos es ist. Dich trösten. Es muss so schlimm und so kalt gewesen sein. Ich vergesse dein Gesicht, und auf Fotos bist du oft wie ein Geist, nicht zu greifen, nicht frontal, abgewandt, verdeckt, verwaschen. Dann wieder sehe ich dich oft, von hinten, auf der Straße, aber das bist nicht du, nur eine Statur, die dir ähnlich ist.
Ich bin den ganzen Tag zutiefst erschöpft.