Juli 2025 – Schweiz im Juli – Einfallstor

Das Hotel ist wunderschön.

Trau ich mich in den Pool?

Am nächsten Morgen ganz früh trau ich mich. Es ist herrlich. Der Blick aus dem Wasser übers Wasser, nämlich des Luganer Sees, die kleine Meerjungfrau am Beckenrand, die aus einer Schale Wasser in den Pool gießt. Schwimmen geht nur eingeschränkt, die Schulter. Aber ich schwimme, ich bin da, ich schaue, ich fotografiere, ich wusste, dass ich froh gewesen sein würde, das gemacht zu haben und so ist es.

Im Bad schlage ich mir kurz danach heftig den Knöchel an, Schmerz, und sofort: Angst, Panik, was wenn ich mir wieder was gebrochen habe. Einfallstor für alles, die Wut auf T., die Wut auf U, die Angst vor der Zukunft, vor der Perspektive aus Schmerzen und zunehmender Immobilität, nicht mehr laufen können, nicht mehr das machen können, was ich hier gerade mache, der Gedanke an eine geheime Erkrankung im Hintergrund, die alles, was ich habe, in einen Gesamtzusammenhang stellen würde, die Schulter, die Hüfte, das Knie, die Füße, die Finger, der Rücken, bei jedem Hexenschuss, der mich für Tage, Wochen, raushaut, jedesmal die Sorge, dass es was Schlimmeres ist, doch wieder ein Bandscheibenvorfall?, ein erster Wirbelbruch?, tagelanges Rumquälen wie ein halb zerquetschtes Insekt, nach dem Liegen an der Fensterbank hochziehen, nicht sitzen, nicht liegen, nur stehen oder gehen wie ein Zombie, bis in der Konsequenz was anderes weh tut, nicht teilhaben, sondern Tabletten fressen, die wenig nützen,

jeden Tag mache ich Sport, dauernd gehe ich zur Physio, zur Ostheo, jeden Tag lasse ich mich „nicht unterkriegen“, wie scheiße das ist, sich nicht unterkriegen zu lassen, was soll das sein, das ist nicht leben, das ist permanente Anspannung, permanente Angst, dass es wieder kommt, das ist Kampf, Goliath, Windflügel, wann wird der Tag kommen, an dem ich mich unterkriegen lasse, untergekriegt werde, ich fühle mich schuldig, bringe mein ständiges Kranksein mit dem Scheitern meiner Beziehungen in Verbindung, mit der Vorstellung einer Unmöglichkeit einer neuen Beziehung, wer will sich das antun, wer will mit jemand zusammen sein, der permanent krank ist, jederzeit sein könnte, U, der keine Lust mehr dazu hatte, sich damit beschäftigen zu müssen, dabei sein zu müssen, wenn schon wieder irgendwas ist, es macht mich verzweifelt, weil ich nicht die Krankheit bin, die sich aber so aufspielt, ich stelle mir vor, wie er schwimmt, paddelt, wandert, Ski fährt, nur ein paar Kilometer weg von hier, mit einer anderen Frau. Einer Saisonkraft.