September 2019 – blank page

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Manchmal wünsche ich mir, dass wir uns jetzt kennen lernen. Dann versuche ich mir vor Augen zu führen, wie schwierig alles mit uns wäre. Aber das ist es doch immer. Ich wollte es eben immer lieber mit dir schwierig haben als mit irgendjemand anderem.

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Manchmal wünsche ich mir, dass wir uns jetzt kennen lernen. Dann frage ich mich, ob wir uns überhaupt mögen würden. Ich stelle mir vor, wie irritiert ich von dir wäre, so wie ich es anfangs immer bin und auch von dir sehr lange war, und ich frage mich, was mich dazu bewegen würde, an dir dran zu bleiben. Wären wir überhaupt dieselben, wenn wir ohne einander gewesen wären? Sind wir beieinander gewesen, weil wir sein konnten, wie wir sind?

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Manchmal wünsche ich mir, dass wir uns jetzt kennen lernen. Dass ich in den letzten zwanzig Jahren andere Lieben gehabt hätte, dass nichts von dem geschehen ist, was geschehen ist, dass wir uns jetzt begegnen und anziehend finden und aufregend, dass wir uns einander annähern und uns ausprobieren, dass wir uns füreinander erfinden und uns streiten und hassen und zur Rede stellen und in Frage, und zusammen in Urlaub fahren und die Welt erleben, in der wir heute denken und Meinungen haben, und diese miteinander teilen. Jemand anderes wird du sein, versichert man mir. Warum kann ich daran nicht glauben.