Es geht um den Mann und seine Fixierung auf die Frau als fickbares Material. Ein junger Mann sucht seinen Vater auf, der nichts von ihm wusste. Da der Vater mal der Stecher von Kleindeinbach oder sowas war, will der Sohn sich bei ihm Rat holen, er hat nämlich noch nie einen Stich gemacht bei irgendeiner real existierenden Frau, kann aber Tag und Nacht an nichts anderes denken und seinen Freund hassen, der dauernd Frauen flachlegt oder ihm das zumindest dauernd per Videobotschaft reinbehauptet.
Der Vater, ein womöglich mal ganz charmanter, inzwischen aber vor allem abgehalfterter Mitt-50er, hat auch schon lange keine (frische, junge, geile, denn nur um die kann es gehen) Fotzenmöse aus der Nähe gesehen und verbirgt seine Inkompetenz beim Thema gegenüber dem Sohn hinter pseudo-intellektuellen Weisheiten über Kunst und Kultur der Verführung. Vor allem aber: hinter Abwertung., denn das fickbare Material will ja auch einfach nie, was es soll, egal wie sehr man sich ins Zeug legt.
Was bei der Heldenreise der beiden herauskommt, ist die tour de force zweier obsessierender Narzisten, die ein großes Leiden zeigt: das Leiden der Männer an ihrer Sexualität. Bzw. an ihrer Triebhaftigkeit, die sie rund um die Uhr beschäftigt, unter deren Knute sie stehen und sie zu erbärmlichen, ausbeutbaren Würstchen macht (die Coaching Lady, die die beiden aufsuchen, zieht ihnen das Geld aus der Tasche, indem sie ihnen eine Frau zum Üben vor die Nase setzt, auf die die männlichen Kursteilnehmer reagieren wie ein Pavlovscher Hund aufs Futtersignal), die sie wie ferngesteuert und nur mit Hilfe aller möglicher Verarbeitungs-, Verdrängungs- und Abwehrmechanismen wie Größenwahn, Überhöhung, Verachtung, Wettbewerb und Aggression durchs Leben laufen lassen. Zu einer menschlichen Beziehung sind sie nicht fähig, ihr Schwanz verstellt den Blick. Auf die Frau als Person. Aber auch auf sie selbst als Person.
Irgendwo im Zentrum des Films gibt es eine großartige improvisierte Szene im Auto, in der der Sohn schließlich entnervt doch noch mit einer Prostituierten schläft. Hier, bei diesen beiden sich abmühenden Fleischbergen, findet sich alles, was man braucht, um das Leid zu verstehen: Die Mühsal, die Demütigung, die Würdelosigkeit, die Verzweiflung, die der Mann durchmacht, die Sisyphosarbeit, die er leisten muss, immer wieder aufs Neue, weil er gar nicht anders kann. Noch nicht mal hier, in der Situation der bezahlten Sexualität lässt sich zu einem Einklang finden, zu einer Befriedigung, sogar hier driften Bedürfnis und Realität so weit auseinander, dass die Impotenz schon wieder um die Ecke lauert.
Ist es so? fragt man sich am Ende. Ist es wirklich so? Sind Männer so? Und wenn das stimmt, sollten wir es nicht einfach alle ein für alle Mal lassen? Ich jedenfalls fühle mich leer und traurig und naiv und fremd in dieser Welt, in der ich womöglich nur leben kann, weil ich die ganze Zeit die Augen vor den Realitäten verschließe.
Aber es ist ja nur ein Film, nicht wahr?
– Drei Minuten bevor der Film losgeht. Alle sitzen schon (Hackesche Höfe, kleinstes Kino), unterhalten sich dezent murmelnd über ihrem Popcorn, sehen aus, als hätten sie eine interessante Rezension in der Zeit oder SZ über den Film gelesen – da kommt eine Horde von knapp 20 Jungmännern rein, schleppt Bier herein, pöbelt, prollt, und setzt sich lauthals in die ersten beiden Reihen vor die Leinwand. Für ein paar Minuten frage ich mich, ob die gecastet sind, eine witzige Werbemaßnahme für den Film, aber nein, die sind leider echt, so echt, dass man es kaum fassen kann. Jedem im Kino ist in diesem Moment klar, dass die nächsten anderthalb Stunden die Hölle werden. Werden sie auch. Rassistische, sexistische, und keine Ahnung wie das Fachwort heißt, behindertendiskriminerende (der Sohn im Film nuschelt, weil er eine Hasenscharte hat) Dummsprüche am Fließband, die Dynamik der Gruppe ist so klischeehaft, ihre Insiderwitzchen, ihr abgekartetes hochgeschaukeltes Ping-Pong so absehbar, dass man die meiste Zeit darüber staunt, dass es so etwas wirklich wirklich wirklich gibt. Dachten sie, sie gehen in einen Porno? Verstehen sie auch nur ansatzweise, worum es geht? Dass es um Typen wie sie geht? Um ein Verhalten wie ihres? Sehen sie nicht den doppelten Boden? Die Erbärmlichkeit, um die es geht. Wirklich, keiner von ihnen? Wow.
Das Publikum wehrt sich nach Kräften, aber es nützt nichts. Die Gruppe hat alle im Griff. Schlimmer noch, sie hat die Macht.
Mit Abstand eine der bizarrsten Kinoerfahrungen meines Lebens.