November 2025 – Vogelkunde 

Früh am morgen, ich liege im Bett. Die Sonne scheint. Durch den Spalt zwischen meinen Vorhängen sehe ich einen winzigen Vogel vor meinem Fenster. Er krallt sich mit seinen Beinchen am Waschbeton meiner Hauswand fest und schaut misstrauisch zu mir herein. Ich wage nicht, mich zu bewegen. Eine Kohlmeise, Leute! Dass sie da ist, ist eine Sensation!

In unserem Hof regieren die Krähen, kein Wildvogel hat sich hier je länger aufgehalten, schon gar nicht wegen ein paar Meisenknödeln oder sonstigen Fütterungsversuchen. Ich beschließe, nachher augenblicklich zu Rossmann zu gehen, und mal wieder zu schauen, was sich in Sachen Vogelfutterentwicklung so getan hat. Dass die Vögel für das bisherige Vogelfutter auch so gar nicht ins Risiko gehen wollten, kann ich verstehen, es sieht mega trocken und langweilig aus und das Fett in den Knödeln wie vom Fettdiscounter, eklig und cheap. Oder mal zu Manufactum?  

Die Meise hängt noch eine Weile am Steinchenuntergrund der Betonwand herum und zeigt mir ihren Bauch. Dann fliegt sie weg. Ich stehe auf und öffne das Fenster, um zu sehen, ob da noch mehr sind oder wo sie hinfliegt oder keine Ahnung warum. Da sehe ich, dass die Fensterbank über die ganze Länge vollgekackt ist. 

Ich überlegs mir nochmal mit dem Anfüttern. 

Am nächsten Abend. Ich trete aus dem Haus, gehe ein paar Meter die Häuser entlang. In einer Einbuchtung zu einem Kellerfenster liegt ein toter Vogel. Es ist eine Kohlmeise. Sie liegt auf der Seite, ihr kleiner Bauch leuchtet gelb. Sie sieht so zart aus. Jemand muss sie vom Asphalt hochgehoben und hier hingelegt haben. Kinder vielleicht?

Neben ihr liegt wie bei einer Trauerfeier ein kleiner Zweig mit hellen trockenen Blüten.