Ich war bei Miranda July.
Ich war sogar oben bei ihr, auf dem Podium, um ein Buch signieren zu lassen, das mir gar nicht gehört. Ich bin in der langen Schlange angestanden, um sie zu sehen, um ihr dabei zuzusehen, wie sie in das Buch ihren Namen schreibt. Ich hab sie angeschaut, ein bisschen verstohlen von unten rauf wahrscheinlich, wie das so ist, wenn man jemand gerne anschauen will und es einem peinlich ist, weil es ist wie eine kleine Gier.
Ich hab gestaunt über ihre Schminke, die ihr Gesicht so flächig, präzise und puppenhaft japanisch wirken lässt, über ihre Konzentration und ihre typisch amerikanische Anstrengung mit Leichtigkeit professionell, sprich sozial, sprich witzig zu sein.
Erstaunlich auch: Sie hat dem Typen auf dem Podium, den der Veranstalter ihr als Moderator zur Seite gestellt hat, immer wieder die Handkante gegeben, ihn mehrfach abgewatscht, in einem offensichtlichen Gender-Kontext, anti die männliche Selbstgefälligkeit – was ich von ihr, trotz ihrer Texte, nicht vermutet hätte.
Und der ganze Laden voll mit Frauen. Frauen auch am Mikro, zu dem man vorlaufen muss, und in das man auf Englisch Fragen stellen muss. Und dann da oben sie. Eine Frau, allen voran. Ein VORBILD. Wann haben wir das zuletzt erlebt. Ich fand’s herrlich.
Die Amerikaner glauben an Vorbilder. Ich hab früher nie daran geglaubt, das liegt an meinem deutschen Autoritätsskeptizismus, heute tu ich das. Es ist gut, sich ab und an eine Frau anzugucken, die vorne oben ist, die Orientierung bietet, Trost, Halt, und ein bisschen Neidpotential, nicht so viel, dass es einen abwürgt, sondern so viel, dass es einen motiviert, und die ein Wissen darüber hat, was und dass es auf dieser Welt als Frau nicht einfach ist. (Zumal wenn man keine Mutter vor der Nase hat, die irgendetwas davon bietet).
Mutter, Schwester, Freundin, Geliebte, Miranda. Komm gut nach Hause! Und es tut mir leid, dass ich auf deine Frage: How are you? vor Aufregung nicht geantwortet habe. I’m good. Thank you.