Mai 2024 – Japan im Mai – Kleidung

Die Kleidung locker, bequem, irgendwie „gesund“, auch hier den Bedürfnissen des Körpers gegenüber zugewandt, sorgend. Leinen- und Baumwollstoffe, Hüte und Schirme, gegen Sonne und Regen. Weite Schnitte, keine Enge für Brust, Taille, Hüfte. Socken und Schuhe mit Platz für Zehen, die Sohlen weich. Das Haar gut geschnitten in klaren Frisuren. Angenehm, praktisch, komfortabel, das ist die Ausrichtung. 

Die Signale der Individualität bei den kichernden Costume Teenies dann ganz anders: Plastik, Synthetik. Die Kleidung als Verkleidung, die Feier des Schrillen, die Lust am skill des Aufbrezelns. Färben, Drehen, Binden der Haare, die Kleidung als Beschäftigung. 

Die Hipster-Jungs gerne cool in Dunkel, interessante, eher kastenartige Designer Schnitte, weite Hosen, dicke Sohlen, gerade Shirts aus dichtem, wertigem Gewebe, Caps und hats. 

Vor allem und zunächst mal: Der Anzug und das Kostüm. 

Die Masse der Angestellten lassen an Kracauer denken. Stumm sitzen und stehen sie in den Ubahnen, jeder in seiner selbst erzeugten Kapsel aus In Ears und Handy und diesem erstaunlich untrüglichen Gefühl für Abstände, eine Verhaltenheit in den Körpern, noch bei höchstem Menschenaufkommen. (Wie die inneren Kämpfe der Angepasstheit aussehen müssen, wie der Körper sich ausufernd Bahn bricht oder zumindest die Fantasie davon, kann man erahnen, wenn man die Frauenabteile in der Ubahn sieht, die zu bestimmten Tageszeiten, erstaunlicherweise nicht nachts, installiert werden. Abends und am Wochenende dann wird der Anzug abgelegt (zur Reinigung gebracht, gebügelt, gehängt?), man kommt zu sich selbst, auch in seiner Kleidung. Die Tracht, der Kimono bei Frauen wie Männern durchaus beliebt und sichtbar. Das Sonntagskleid, die Freizeithose wird gegen das Arbeitskostüm getauscht wie Identitäten, die man sich anziehen kann. Kleidung ist weniger sich ausdrücken als vielmehr Anlegen, Ablegen. Das Kleid macht dich, es ist die Facette deines Ichs, deines Lebens, das jetzt gerade angesagt ist, zu dem du angehalten bist. 

Wie man sich vorstellen kann, wie sie gestern Abend noch in der Izakaya saßen, in Chinos und Sneakern oder locker fallenden Sommer-Hängern, und mit ihren Freunden gelacht, getrunken, gesprochen,  gegessen haben. Nun stehen sie still in ihren eng anliegenden Anzügen, stecken in ihren taillierten Kostümen, auf dem Weg zur Arbeit.