Ich kaufe ein. Lebensmittel. Bei der Bio Company.
(Kein Fan dieses Ladens. Bis heute widert mich der Geruch von Bioläden an. Konnte ich schon in den Achtzigern nichts abgewinnen, diesem Geruch. Damals, als die ersten zugestopften Bioläden aus dem Boden sprossen, ich war dabei. Eng und vollgestopft waren sie, braune Holzregale bei denen man die Astlöcher sehen konnte. Die Schönheit der Natur. Und draufgestapelt auf den Regalen Vollkornmehl-Tüten im sanften Waldorf-Design. Nicht mal die Supermarktisierung des Bioladens, der Bio-Discounter hats geschafft, diesen Geruch loszuwerden. Und aus mir einen Fan zu machen. Oder wollte es gar nicht, hat womöglich den Geruch noch extra reingepumpt, weils zum Marketing dazu gehört und alle außer mir den Geruch ganz toll finden: Gesund und gut. „Natürlich“. Natürlich nervt, kommt immer daher, als wärs natürlich, dabei ist es nur ein Konzept. Was riecht da so, frage ich euch, was?! Dinkel? Vollkorn? – Der Geruch geht auf wie die Schiebetür, durch die man den Laden betritt, umfängt einen ganzheitlich, und ist weg, sobald sie sich wieder hinter einem schließt. Und wenn ich ne Augenbinde aufhätte, ich wüsste, dass ich im Bioladen bin!)
Es ist so halb 6. Alle anderen kaufen auch ein. Ich will nur ein paar schnelle Sachen, ungeplant, impulsiv, kalte Küche. Zum Beispiel Käse. Ich will Käse! Gehe zur Vitrine, wo die Stücke alle griffbereit in Cellophan verpackt rumliegen (wer verpackt eigentlich wann diese Käsestücke, geschieht das in Nachtarbeit?) Ich nehme ein Stück in die Hand, drehe es um, und schaue auf den Preis (die liegen alle so, dass man sie umdrehen muss, um den Preis zu sehen). Ich nehme jedes, ich schwöre, jedes verdammte Stück Käse in die Hand, und drehe es um, ich arbeite mich von den Höhen des Edelschimmel-Bergkäses aus Rohmilch mit Heuwiesenrand hinunter ins weißliche Honigziegenkäsetal bis zu den Niederungen des jungen Goudas, also des gemeinen KINDERKÄSES, und finde nichts, nichts! unter 4 Euro 20. Das ist, mit Verlaub, ein Arschvoll Geld. Für Stücke, die in meine Handfläche passen, und ich habe NICHT die Handflächen eines Gorillas.
Ich nehme einen mittleren Käse mittlerer Preisklasse, staple ihn zu den anderen losen Sachen auf meinen Arm: eine Packung Tee, eine Tafel dunkle Schokolade, eine Zucchini, eine Packung Bierschinken. Als ich zur Kasse gehe, und die Schlange wie immer sehr lang ist und voller Menschen, die hier vor allem eins einkaufen, nämlich Distinktionsgewinn, und der Typ hinter der Kasse wie immer sehr langsam ist, und es wie immer für sehr unnötig hält, eine zweite Kasse aufzumachen, da hier im Bioladen gilt: Bloß kein Stress für Mensch und Tier, außer für den Menschen, der stundenlang ansteht, da hole ich meinen Geldbeutel und mein Handy aus meiner Schultertasche und, was soll ich sagen, das Stück Käse wandert dabei in die Tasche und kommt da auch nicht mehr raus.
Vor der Schiebetür (Geruch erfrischend asphaltig abgasig hier draußen, ich atme auf) steht eine Motzverkäuferin und für einen Robin Hoodschen Moment gefällt mir die Vorstellung, ihr den Käse zu schenken. Aber jetzt, nach Jagd, Beute und Triumph, siegt meine Überheblichkeit, und ich denke: Ich hab meinen eigenen Überlebenskampf, baby.
Als ich zuhause den Käse esse, schmeckt er
SAU! GUT!