August 2024 – Dessau im August – Verlauf

Ich erkunde die Stadt, meist allein. Die anderen sind oft nicht da. Ich laufe, ich fahre mit dem Rad. Ich fahre durch Parks, über alte Brücken, am Wasser entlang. Ich arbeite alle Museen ab, alle Plätze, alles was es zu besichtigen und zu entdecken gibt. Bibliotheken, Führungen, Rathausfeste, Sportveranstaltungen, Märkte. Ich lasse nichts aus, nichts unversucht. 

Ich registriere den Leerstand – Foto, Standort – den ich insgesamt nicht so schlimm finde wie befürchtet. Die Wochenenden und Abende sind nicht leicht. Wann waren sie das je, wenn ich allein war. Ich habe zu tun, schreibe ein Hörspiel im Co-Working-Space. Beim Projekt muss viel organisiert, es müssen viele Leute getroffen werden, Kontakte zu Initiativen gesucht, eigene Initiativen ins Leben gerufen werden. Ich staune und bin sehr froh, wie gut ich in der Gruppe klarkomme. Ich klappere die Cafés ab und fange sehr schnell wieder von vorne an. Ich staune, wie teuer essen gehen hier ist, ich stöhne unter den Preisen. Wie können die Leute sich das leisten? Die Restaurants sind voll. Ich dachte, die sind hier alle arm und arbeitslos. Die Radwege sind super ausgebaut. Die Tramlinien fahren in hohem Takt, es gibt ein sinnvoll-pragmatisches Nachtfahrsystem mit Großraumautos. Nur auf Google Maps zu finden ist der ÖPNV nicht. Ähnlich wie bei den nicht vorhandenen Schildern am Bahnhof hat man den Eindruck, die Leute denken, wir wissen ja eh, wo was ist bzw. was wann fährt. An die von außen denkt man nicht. Aber das ist ja vielleicht überall so. 

Am Ende bin ich froh über die Erfahrung. Froh über meinen Mut. Wie so oft bei diesen Flöhen, die ich habe, den Abenteuern, die ich eingehe, den kleinen und größeren Challenges, die ich annehme, und ziehe ich weiter. Es bleibt nichts. Andere aus der Gruppe finden über die vier Wochen Jobs, Perspektiven, Freunde, Wohnungen, es baut sich was auf, es entsteht und verändert sich etwas. Ich habe mich wie meistens mit der Position der teilnehmenden Beobachterin auf Zeit identifiziert. 

Meine Idee, Leute zu interviewen, einfach so, auf der Straße, ich habe extra ein Aufnahmegerät dafür mitgenommen, habe ich nicht realisiert. Zu scheu, zu schüchtern. Nicht in der Lage, mich dazu mit jemandem aus der Gruppe zu verbünden, was vielleicht geholfen hätte. 

H. wird in meinem Leben bleiben, so hoffe ich, und dass ich mir genug Mühe geben werde, dass es so kommt. Eine neue, wenn auch lose Freundin, das ist viel. 

Als U kommt, um mich nach den vier Wochen mit Sack und Pack abzuholen, er war drei Wochen an der Atlantikküste, ist er mir zunächst fremd. Das war ja klar. 

Zurück in Berlin bin ich froh zu erleben, dass sich – anders als in der Kleinstadt, wie ich jetzt erst begreife – in meinem Inneren keine Langeweile oder Dumpfheit ausbreitet. 

Ich gehe essen, klappere alle Cafés ab. 

Ich 

bin in dieser Stadt 

trotz meines häufigen Leidens an ihr 

viel

möglicher.