Es gibt, das ist bekannt, tolle Wörter im Deutschen. Wonneproppen zum Beispiel. Oder: Augenblick. Herzeleid, Sehnsucht, Heimweh, terrassenförmige Stahlmuffen – alles großartig. Aber das beste Wort von allen ist
So.
Schon allein ästhetisch macht es was her. Das große geschwungene S zusammen mit dem kleinen runden o – ein austariertes Team, die Freude eines jeden Typografen, was soll man diesen beiden noch hinzufügen, da muss man nicht mehr viel machen, die funktionieren fast von allein, hat man die, hat man alle.
So, das sind zwei, die zusammengehören, Kumpels, buddies, Don Qichotte und Sancho Panza, Freundinnen auf Lebenszeit: Die große S, mit ihrer perfekten Figur, ihrem freundlichen, in sich ausbalancierten Schwung und ihrem Hang zur Skoliose, und o, klein, immer nach vorne, eindeutig, dennoch Fragen aufwerfend, mit einer Neigung zum Adipösen. Auch wenn es klein daherkommt, hat so Ernst-Jandl-Potential. Und im Gesprochenen erst! Was für eine Schönheit es da entfaltet. Schlappe zwei Buchstaben – ungewöhnlich wenig für ein Wort der deutschen Sprache – und ein Feuerwerk an Möglichkeiten. So ist praktisch chinesisch. Das chinesischste Wort, das wir haben. Je nach Intonation verändert es seine Bedeutung. Ob kurz oder lang gesprochen, pfeilspitz oder im Bogen, so hat immer was zu sagen. So ist Anfang und Ende. So ist Übergang. Abgrenzung und Annäherung. So ist Aggression und Liebe.
So (dann wollen wir mal).
So (das wär geschafft).
So (geht das).
So (jetzt hab ich dich da wo du hingehörst).
So (da hast du’s).
So (oder gar nicht).
So (dann schaun wir mal).
So (jetzt reichts mir aber).
So lässt sich rufen, seufzen, dehnen. So reicht vom Spöttischen bis ins Verächtliche. So kann eine Frage sein oder eine Anordnung. Mit so kann man auf den Tisch hauen, die Arbeit beginnen, ein Gespräch beenden oder Sex haben. Mit so kann man Kinder erziehen, die Welt erklären, das Umfeld verärgern. Mit so lässt sich anmoderieren, abmoderieren, kommentieren, nachhaken. Mit einem so kann man sein Leben ändern, jemandem Suppe bringen, eine Spritze verabreichen. So strukturiert Zeit, Raum und Bewegung. So begleitet uns durch den Tag. So ist ein offenes Wort. So ist ein Beziehungswort. So ist das einzige, gesellschaftlich anerkannte Wort, das man zu sich selbst sagen kann. So verbindet sich gerne mit anderen sos. Zum Beispiel zu Soso. Solala. Sosososo. Oder Achso.
Ich liebe so so sehr.
Laut Duden ist so übrigens ein Adverb oder eine Konjunktion. Das wird der Sache ja wohl nicht ansatzweise gerecht.