Heute morgen erste Entdeckungsreise. Vorher noch alle Schlüssel durchprobiert. Mir fällt ein, dass I. neulich erwähnt hat, dass sie die Schlüsselneurose auch kennt: Man denkt, man ist zu doof, die Türen aufzukriegen, die Schlösser haken, man dreht einmal, zweimal, dann gehen die Schlüssel nicht wieder raus, usw. Offenbar also mal wieder familiär bedingt. Hat vom Unsicherheitsfaktor her ziemlich viel Self-Fulfilling-Prophecy-Potential. Aber: Alle Schlüssel passen, ich kriege alle Schlösser auf und zu – Check.
Ich laufe und laufe, zuerst Plaza de la Merced, Orientierungspunkt, alles hier noch ganz schön verschlafen, obwohl schon 10 Uhr. Ich finde: den Mercado Central, unendlich viel Gassengewirr bei schönstem Licht, Cafes, allerdings noch kein Lieblings-, zu viele Iglesias, und mehrere pharmacias. Nach denen halte ich Ausschau, weil meine Augen leider ziemlich schmerzen. Wahrscheinlich Bindehautentzündung. Die Dame in der pharmacia, die ich schließlich auswähle, gibt mir was mit Antibiotika, bingo, wusste ichs doch, die stellen sich hier nicht so an, von wegen Antibiotika als Gefahrengut nur in der Hand der Ärzte (was ich übrigens voll unterstütze, aber nicht jetzt), hier auch eher so das amerikanische Prinzip. Wenns in zwei Tagen nicht besser ist, dann soll ich ins Hospital Civil.
Im Supersol al lado de Teatro Cervantes (noch Orientierungspunkt) kaufe ich das Nötigste und im Mercado daneben fresas (medio), 2 limones, eine Gurke, tomates (Cherry) und zahle dafür sage und schreibe 2 Euro. Da freut sich die Touristin. Wenn was billiger ist als daheim.
Jetzt sitze ich zum ersten Mal in meinem Patio und der Tisch ist gedeckt für die erste Schreibrunde. Gegenüber wird den ganzen Tag klassische Musik gespielt, die leise zu mir rüber dringt. Ich bin gerührt, extra für mich. Sie spielen sogar Lacia piango, das hab ich mal gesungen, krass, bei Sigrid.
Bis jetzt also alles prima, ich zwar insgesamt schüchtern, aber nicht böse und vor allem nicht wirklich gehandicapt deswegen. Ach, noch schnell in der Calle de Jinetes mein ursprüngliches Traumapartment angeschaut. Die Baustelle ist echt Großbaustelle, trotzdem werde ich wieder ein bisschen traurig, denn die Wohnung – ich kann sie von er Straße aus sehen – wäre nun mal eben doch so viel schöner gewesen als das eindeutig dunkle Apartment hier. Dennoch, es ist schon so warm hier unten auf der Straße, wie warm dann erst da oben…