August 2024 – Dessau im August – Im Café

Filterkaffee bei Bäckerei Lantzsch in der Mini-Mall – Cafe Lily hat heute wohlverdienten Ruhetag. Ich schreibe eine Mail an H., weil ich in Dessau wegen Chemnitz an ihn denken muss. H. kommt aus Chemnitz und wir haben mal gemeinsam zwei Drehbücher geschrieben, die er verfilmt hat. Thema: Junge Frau aus dem Osten trifft junge Frau aus dem Westen, sie freunden sich an. Der erste Film spielt in Berlin, wo sie sich kennen lernen. Der zweite in Chemnitz. Wo die junge Frau aus dem Westen, die aus dem Osten besucht. Es gab noch einen dritten, aber bei dem war ich nicht mehr beteiligt. Viele unserer Ost-West-Gespräche, ein wiederkehrendes Thema für uns bis heute, ist in die Bücher eingeflossen. 

Ich mache ein Foto, weil ich den Blick in den sonnigen Stadtpark gegenüber so schön finde: Die Parkaufräumer in ihrer orangenen Kleidung machen vor der grünen Kulisse eine Pause vor ihrem orangenen Gefährt. Sie schwatzen mit einer Anwohnerin. 

Eine der Brunnenfiguren ist mit offenen Armen in ihre Richtung ausgerichtet, als begrüße sie sie alle oder wolle auf sie zugehen.  

Vor einer der Parkbänke sitzt ein älterer Mann lässig auf einem schicken, fast Mofa artigen Rollgefährt, so eins für Menschen mit mobiler Beeinträchtigung. Die rote Karosserie glänzt in der Sonne. Er unterhält sich flirtend mit einer Frau in seinem Alter. 

Die langen Bänke und sonstigen Sitzmöbel, haben alles andere als ein Hostile Design. Es gibt sie zuhauf in dieser Stadt – ich streiche das Thema, wie im Lauf der Zeit noch viele andere Problemthemen, derer man sich im Rahmen des Projektes vielleicht annehmen könnte, von meiner Liste. Ich schaue zurück auf meine Mail an H. – Sie ist weg. Nein! Entwürfe-Ordner: Leer! Papierkorb: Empty. Meine Mail, verschluckt in Dessau.  

Mein Kaffee ist alle. Ich gehe los, einen Bodenwischer und Kehrblech kaufen. Die Mail schreibe ich später nochmal. Jetzt erstmal: Aktion Bude putzen. Dieses Loch im Erdgeschoss ist nämlich alles andere als in der Sauberkeitswohlfühlzone.

August 2024 – Dessau im August – Ankommen 

Als ich zum ersten Mal ankomme, verstehe ich, wie so oft im Osten nicht, wie der Bahnhof und die Stadt zusammenhängen. Der Bahnhof ist irgendwie draußen, in die Stadt muss man erstmal rein. (Noch spezieller in Dessau: Die Schienen teilen die Stadt in zwei Teile, aber das verstehe ich erst später). Vor dem Bahnhof ein architektonisch unsortierter, aufgrund fehlender Beschilderung undurchschaubarer Ausgangsort. Später wird jemand aus der Gruppe, das als Frage nach der Willkommenskultur bezeichnen. 

Als ich in der Innenstadt ankomme und den Veranstaltungsort nicht finden kann, spreche ich eine Postbotin an, die gerade ihre Runde macht. Hallo, guten Tag, Entschuldigung, wissen Sie wo die Soundso-Straße Hausnummer Soundso ist? 

Stadt! bellt sie. Mehr nicht. Ich verstehe nicht, was meint sie? Ich frage vorsichtig nach. Stadt! bellt sie erneut und wedelt mit der Hand um sich. Wie, Stadt? frage ich, so langsam genervt von ihrem Einwortsatz. Dann dämmert mir, was sie meint. Eine Adresse von der Stadt, vom Rathaus, der Kommune. Ich schlage ihr das vor, ach, Sie meinen von der Stadt, vom Rathaus? Wir stehen nämlich direkt an der Längsseite des Rathauses. Aber wo ist die Hausnummer? Sie zuckt mit den Achseln. Müssense gucken. 

Ich irre zweimal um das Rathaus und seine angrenzenden Neubauten mit diversen Eingängen, die, wie sich herausstellt, alle dieselbe Hausnummer haben und finde irgendwann durch Zufall den richtigen Eingang.