Juli 2019 – in die Stadt

Gestern auf der Rolltreppe. Rechts stehen die Leute in langer Schlange hintereinander den Berg hinab, ich laufe links die Stufen runter, frei und flüssig, produziere dabei diesen typischen Sound, den die hohen Stufen machen, wenn man von oben auf sie tritt, fällt ja beinahe, dieses leicht nachschwingende dack, dack, dack, ich liebe es – bis ich bei einem Paar ankomme. Sie versperren den Weg, sie links, er rechts, beide leicht angeprollt, sie Mitte vierzig, er Anfang fünfzig mit Sonnenbrille. Das übliche Dilemma: „Entschuldigung“ sagen, „darf ich?“ und vorbei gelassen werden – oder stoisch aushalten bis die Rolltreppe am Ende in einem natürlichen Prozess alle Wegversperrer in die Umgebung verteilt?

Die Frau motzt irgendwas, weil offensichtlich gerade ein Typ vor mir, dem ich neidisch hinterher schaue, ums Vorbeilassen gebeten hat. Ich mische mich ein. Rechts stehn, links gehen geht ja auch besser, sage ich. Da dreht die Frau sich zu mir um, holt mit beiden Händen aus und schubst mich an der Brust so kräftig nach hinten, dass ich strauchle, und mich gerade noch am Gummigeländer festhalten kann, um mich nicht komplett auf den Hintern zu setzen: Halt deine dreckige Fresse!, brüllt sie mich an. Hey!, schreie ich, spinnst du! Sie: Halts Maul, Votze! Ich: Ja, gleichfalls!

Die Rolltreppe ist am Ende. Das Paar gleitet auf die Erdgeschossfläche Bahnhof Friedrichstraße. Er, der die ganze Zeit nicht mal ne Augenbraue gehoben hat, jetzt zu ihr:

Du wolltest ja unbedingt in die Stadt.