März 2019 – Schmerzen

Man sollte ja meinen, dass man toleranter wird, den Schmerzen  gegenüber. Dass man weiß, die kommen und gehen, und gehen und kommen, und man kann sie vergessen oder betäuben oder über sie drüber leben oder sie bis zur Unkenntlichkeit ignorieren. Ich werde intoleranter, den Schmerzen gegenüber. Schon wenn sie sich nähern, wenn sie im Anflug sind, gerate ich in Panik. Ich will wegrennen, sie abschütteln, noch bevor sie da sind. Ich will nicht, dass sie mich einholen, mich berühren, sich niederlassen auf mir, sich ausbreiten in mir, denn ich halte sie nicht mehr aus.

Ich halte sie. Nicht mehr. Aus. 

Ich habe genug von ihnen. Ich habe nicht um sie gebeten, ich habe sie nicht eingeladen, ich wollte sie nicht haben, man hat sie mir aufgezwungen, soll doch jemand anders sie nehmen, mir reicht‘s.

Das sind die Momente, in denen ich mir nicht mehr traue, über den Weg. Ich könnte einen Fuß auf die Straße setzen, jetzt, wo da vorne gerade der LKW kommt. Ich könnte ihm wehtun, dem Schmerz, ihm beikommen, mit den Dingen, die mich und meine Gedanken erschrecken, Messer, Zigaretten, Nagelscheren.

Dann hätte wenigstens ich ihn eingeladen und nicht jemand anderes.