September 2017 – Frau und Manni

Ich lese was über Geldanlage für Frauen. Die interessieren sich nämlich nicht dafür, und überlassen das (ihren) Männern. Das geht dann bei Scheidung und Alter nach hinten los und ist ein Jammer, weil Frauen inzwischen aj auch Geld haben. Frauen, die sich in diesem Geldanlage-Bereich auskennen, wollen das ändern. Sie sagen, Frauen haben andere Bedürfnisse beim Geldanlegen als Männer. Nach Sicherheit zum Beispiel, unkomplizierter Bedienbarkeit, und individueller Beratung. Und wenn sie schon investieren, dann wollen Frauen in was Gutes investieren, und nicht in Korruption, Atomkraft oder Textilausbeutung.

Kann ich erstmal alles Hundertprozent nachvollziehen. Wenn ich sowas mache, dann will ich nicht am Ende weniger Geld als vorher haben, ich will mich nur einmal und nicht andauernd damit beschäftigen müssen, und außerdem coole Energie, gute Digitalisierung und irgendwelchen Sozialkram unterstützen.

(Als ich T. von der ganzen Sache erzähle, schreit er gleich los: Aber genau das will ich auch!)

Auf einer dieser Beratungsseiten von Frauen für Frauen finde ich eine Typisierung nach Lebensphasen:

Die wilden Zwanziger – 20plus, In anderen Umständen – 30plus, Midlife ohne Krise – 40plus, Späte Familie – 50plus, Mit 66 Jahren… – 60plus.

(Sind Männerleben in andere Phasen einteilbar oder sind das mehr oder weniger die gleichen? Wie wären da die Texte? Die Farben? Auf den Bildern kämen wahrscheinlich auch Telefone vor, aber mehr Surfboards, Freundinnen, Kumpels, Autos, Häuser, in denen Frau und Kinder wohnen. Ich krieg gleich Lust, die Seite zu gestalten und im Klischee zu baden.)

Ich hab hier Spaß, auf dieser Seite, man beschäftigt sich mit mir, bzw. dem, was man annimmt, was ich sei, auf die Tamponfarben bin ich sowieso konditioniert und die Texte klingen original wie Horoskope. In meinem steht: „Jetzt ist die ideale Zeit, ihr Leben zu optimieren – auch finanziell. Nutzen Sie dafür selbst unerfreuliche Ereignisse. Veränderungen sind manchmal schmerzhaft. Bleiben Sie trotzdem am Ball! Beharrlichkeit und gute Taktik zahlen sich aus. Im wahrsten Sinne des Wortes.“

Dann wird mir gesagt, was ich jetzt tun muss (noch ist Zeit): „Sie sollten zunächst Ihre existentiellen Risiken absichern, und sich dann mit dem Thema Altersvorsorge und Geldanlage auseinandersetzen.“

Nach kurzem Aufenthalt auf dieser und ein paar anderen Beratungsseiten habe ich folgenden Eindruck:

-Wer über Geldanlage redet, redet über viel Geld. Unter 20.000 macht wenig Sinn. Die sollten dann am besten auch noch auf 10 Jahre vergessen werden können.

-Bei wenig Geld fällt allen nur Riester ein, und das ist der letzte Nepp. Wird aber nach wie vor gerne verkauft, lohnt sich anscheinend für die Anbieter, danke Deutschland, gut gefördert.

-Wer sich seine netten, nachhaltigsozialen Firmen selbst zusammenstellen und nicht in einen vorgefertigten Fonds investieren will – in dem immer mindestens ein Klima- oder Sozialsünder drinhängt – hat erstens einen hohen Beratungs- und Organisationsaufwand und zweitens ein hohes Risiko. Geht also de facto nicht.

Ach, was für ein herrliches Planspiel für jemanden, der nicht weiß, wie er bis zum Ende des Jahres durchkommen soll.

„Hüten Sie sich vor zu viel Romantik! Paare und Familien, die ein Leben lang füreinander einstehen, sind ein hehres Ideal, aber keineswegs die Regel. Pflegen Sie sich einen gesunden Egoismus und behalten sie die Hoheit über Ihre Finanzen – egal, für welches Familienmodell Sie sich entscheiden.“