Ich höre einen Song, irgendwo, im Vorübergehen. Ich kenne ihn gut. Ich weiß, dass T. ihn sehr mochte. Die Stimme einer Frau, hell, sehnsüchtig, mit einem fast ins Weinen kippenden Klang, sie singt von ihrer Sehnsucht nach dem Mann, den sie vermisst. Auch ich mag ihn sehr.
Andere Songs fallen mir ein, und andere Männer, bei denen es ähnlich war, wenn Frauenstimmen, die weich, fast gebrochen, ihre Liebe und ihren daraus resultierenden Kummer über Männer besingen.
Was, wenn die Rührung, die Text und Stimme bei Männern auslöst, gar nicht daher kommt, dass sie sich mit der Frau, die singt, identifizieren, so wie ich. Sondern daher, dass sie berührt davon sind, was Männer – also potentiell sie – Frauen antun können. Welchen Kummer und welchen Schmerz sie ihnen bereiten, welche starken Gefühle sie in ihnen auslösen. Wenn der empfundene Schmelz also, den das Lied auslöst, gar nicht von den Gefühlen der Frau herrührt, sondern vom Wissen um die tragische Cowboyhaftigkeit, die in den Männern wohnt, und die früher oder später aus ihnen herausbrechen wird. Vom Wissen um den Sonnenuntergang also, in den man eines Tages wird reiten müssen, auf den Schultern eine schicksalhafte Last, die getragen, im Herz einen Schmerz, der aufrecht ertragen werden muss, weil man die Frau mit ihrer Empfindsamkeit und ihrer Liebesfähigkeit zurücklassen muss.
Das älteste Identitäts-Narrativ der Welt, in dem man sich so herrlich gefühlig gefallen kann. Beiderseits.